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Der Offizier

Der Offizierberuf ist ein auf Planen, Entscheiden und Handeln angelegter, zugleich praktischer und geistiger Führungsberuf.

Wesentliches Merkmal dieses Berufes ist unmittelbare, persönliche Menschenführung, auch durch eine gesetzlich postulierte Befähigung zur Wertevermittlung und Erziehung, verbunden mit der besonderen Fähigkeit zur Organisation auf höheren Führungsebenen. Sie schließt die Verantwortung für Gesundheit und Leben anderer ebenso ein wie die Pflicht, von sich und anderen notfalls den Einsatz des Lebens zu verlangen. Dazu muss der Offizier in besonderer Weise geistig, seelisch und körperlich gerüstet sein und über moralische und charakterliche Festigkeit sowie fachliches Können verfügen.

Der Offizier bedarf zur Erfüllung seiner beruflichen Aufgaben einer umfassenden technischen und humanistischen Bildung. Bildung erfordert Engagement über den täglichen Dienst hinaus. Ohne das ständige persönliche Bemühen um Weiterbildung und Entwicklung der Persönlichkeit wird der Offizier seine Aufgaben nicht erfüllen können. Dabei leistet das Studium einen wesentlichen Beitrag für die persönliche Fortentwicklung des Offiziers zum "Organisator" der für seinen Beruf typischen komplexen Aufgabenstellungen. Ein Studium ist deshalb grundsätzlich integraler Bestandteil seiner Ausbildung.

Der Offizier ist der geistige Führer der Armee nach dem Leitbild von Oswald Spengler: „Organisieren heißt befehlen – Geist und Körper trennen sich!“.

Diese nüchterne Aufgabenbeschreibung würde jedoch dem spezifischen Anforderungsprofil nicht gerecht, das den Offizier von den übrigen höheren Führungskräften des Staates unterscheidet – eben seinen besonderen Typus ausmacht.

Die Rede ist vom Bekenntnis zu einem Tugendenkatalog, heute im Gesetz niedergelegt, jedoch immer noch durch einen persönlichen Eid zu bekräftigen und deshalb früher sinniger Weise Ehrenkodex genannt.

Vertrauen erwirbt man durch Zuverlässigkeit, unbedingtes Vertrauen durch Wahrhaftigkeit. „Auf das Ehrenwort eines Offiziers kann man unerschütterlich bauen“, ist ein Sinnspruch, der von dem Bild eines Mannes lebt, der seine  Ehre mit seinem Leben zu verteidigen wusste.

Mehr noch als die Wahrhaftigkeit bildet das Rückgrat eine Kerntugend der Offiziere. Nur wer sich aufgrund eines freien Willens der Loyalität unterwirft, hat das Privileg, dem Vorgesetzten zu widersprechen. Seit jeher bewährt sich auch hier die gehobene Umgangsform als Mittel der Konfliktlösung: „suaviter in modo – fortiter in res“, also stets freundlich im Ton, aber fest in der Sache! Gerade hier zeigt sich die Überlegenheit einer Erziehung zur Höflichkeit, der überlegensten Form der Kommunikation. Niemand hat es besser formuliert, als der Schriftsteller Ralph Waldo Emerson: „Der Ehrenmann ist ein Mann der Wahrheit, Herr über sein eigenes Handeln und fähig, dieses Herrentum in seinem Benehmen zum Ausdruck zu bringen. Er macht sich in keiner Weise abhängig und ist weder Personen noch Meinungen noch dem Reichtum dienstbar“.

Alle diese Tugenden mögen manchem als überkommen oder gar wie ein Anachronismus in einer modernen Armee vorkommen. Doch zuvorderst die Offiziere in den Streitkräften müssen schlussendlich in der Lage sein, Soldaten in extremsten Lagen, umgeben von Schmerz, Leid und Tod, zu führen und dabei stets zu garantieren, dass die moralischen Maßstäbe unserer Zivilisation zu jeder Zeit gewahrt werden.

Wo die Gewalt herrscht, braucht es Tugenden, um die Werte zu verteidigen, für die unser Grundgesetz steht. Und es braucht Führungspersönlichkeiten, die Willens und in der Lage sind, diese auch durchzusetzen.