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Gesellschaftliche Akzeptanz

Die Lagefeststellung ist deutlich: Das staatliche Gewaltmonopol in Deutschland hat sich im allgemeinen Verständnis aufzulösen begonnen. Und dieser Prozeß wird von einem stetig wachsenden Gefühl der Unsicherheit der Bürger im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit ihrer Sicherheitsorgane begleitet. Denn deren Angehörige können sich der Geltung der für sie geschaffenen Ermächtigungsgrundlagen nicht mehr sicher sein, wenn das Primat der Politik selbst nicht mehr eindeutig hinter ihrer Anwendung steht.

Während die Organe der Inneren Sicherheit, also die Beamten der Polizeien der Länder und des Bundes, mit einer schwindenden Akzeptanz staatlicher Gewaltanwendung konfrontiert sind, war die Möglichkeit eines legitimierten Gebrauchs militärischer Gewalt durch die Streitkräfte bislang jeglicher politischer Gedankenwelt von vorneherein entzogen.

Zu tief saß die historisch bedingte Überzeugung, dass Einsätze der Streitkräfte in der Bevölkerung regelmäßig keine Mehrheit finden würde und dem durch staatlichen Zwang rekrutierten Soldaten eine Gefährdung außerhalb des Verteidigungsfalls keinesfalls zugemutet werden könne.

Und nur so ist verständlich, dass die Teilnahme von Grundwehrdienstleistenden an Auslandseinsätzen von Anfang an nur freiwillig erfolgen durfte, obwohl das Bundesverfassungsgericht die diesbezügliche Pflicht zum treuen Dienen gleichermaßen für alle Statusgruppen festgestellt hatte.

Das Primat der Politik tut sich offensichtlich schwer mit dem eigentlichen Auftrag seiner Streitkräfte, wo immer erforderlich und erlaubt auch militärische Gewalt anzuwenden.

Im Gegensatz dazu sind die Entscheidungen der Justiz im Bezug auf die Möglichkeit der Verwendung der Streitkräfte als bewaffnete Macht des Bundes von erfrischender Eindeutigkeit:

Wie selbstverständlich erläutert das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1994, dass die Bundesrepublik mit ihrem Beitritt zu den friedenserhaltenden Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach dem seit 1949 geltenden Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht nur entsprechende Beteiligungspflichten übernommen hat, sondern damit gleichzeitig berechtigt ist, die Streitkräfte im Rahmen und nach den Regeln dieser Systeme auch einzusetzen[9].

Nicht von ungefähr formuliert das Grundgesetz in Artikel 87a Absatz 2, dass die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit die Verfassung dies ausdrücklich zulässt.

Dem verfassungsändernden Gesetzgeber war folglich die Bedeutung des Gebrauchs militärischer Gewalt durchaus bewusst, ausgehend von dem logischen Prinzip, wonach der Einsatz militärischer Mittel sich stets aus der Wahrnehmung des verfassungsmäßigen Auftrags ableiten muss, also ein Einsatz von Streitkräften immer nur dort erfolgen darf, wo der Gebrauch militärischer Gewalt durch eine Gefahr für höchstrangiger Werte auch gerechtfertigt ist.

Jegliches Handeln der Streitkräfte im Einsatz ist also durch die Wahrnehmung seines verfassungsmäßigen Auftrages legitimiert, soweit es diesem zu dienen bestimmt ist.